RPG-Beiträge

Laik nickte und sah wieder zu den Schlafenden. "Wieso schlafen sie auf dem Boden?"
Er sah wieder mit großen Augen zu Malec. In dem schwachen Licht wirkten die dunklen Augen des Arztes schwarz und jagten dem Dieb so einen leichten Schauer über den Rücken. In Verbindung mit den kurzen Grinsen hatten sie schon fast etwas Dämonisches. Diesen Gedanken verdrängte er aber schnell wieder und kniff dazu kurz die Augen zusammen. Beim nächsten Blick auf den Arzt war das Grinsen verschwunden. Sein Gegenüber wirkte gleich wieder viel netter.
"Du könntest sie morgen in aller Frühe aus dem Haus jagen." schlug er mehr an sich, als an Malec gerichtet vor, noch bevor dieser auf die Frage eingehen konnte. "Zu viert wird es hier bestimmt sehr eng."

***

Nickend richtete Ariel sich auf und klopfte die Erde von seiner Kleidung. Dabei betrachtete er sich all die gerissenen Nähte und die Löcher, die die stinkenden Köter hinterlassen hatten und begann Hemd und Hose glatt zu streichen. Die obersten Knöpfte seiner Weste verschloss er wieder und fuhr sich, nachdem seine Kleidung annehmbar war, acht mal durch die Haare, um sie ordentlich nach hinten zu kämmen. Fast drei Minuten zupfte er an sich herum, ehe er den Umständen entsprechend zufrieden mit seinem Äußeren war und die Höhle verließ. Den schweren Pelzmantel ließ er achtlos liegen. Er war zu kaput, um gerettet zu werden. Vielleicht würde irgendein armer Wandersmann ihn entdecken und glücklich mit ihm werden.
Außerhalb der Höhle im Schatten der Bäume streckte der Vampir sich und lauschte in die Umgebung hinein.
"Wohin möchtest du?"

Nickend stimmte er der Hexe zu und ließ seinen Kopf dabei langsam auf die Tischplatte sinken. Bei aller Höfflichkeit und Bewunderung, die er Malec entgegenbrachte und bringen wollte, es war schon fast morgen und er hatte noch immer nicht geschlafen. Gut, nach dem Tee ein wenig, doch dieser Schlaf war nicht sonderlich erhohlsam gewesen.
"Bist du nicht auch müde?" gähnte er mit vorgehaltener Hand und verkniff sich dabei ein paar kleine Tränen, die sich aus seinen Augenwinkeln stehlen wollten.
Am liebsten würde Laik nun in das freie Bett wandern, aber zum einen gehörte dieses Malec und zum anderen lag Levy noch immer auf seinen Füßen und nagelte ihn so geradezu fest.

***

"Wenn er Familie hat werden wir diese nicht anrühren. Es wäre zu auffällig. Erst stirbt eine ganze Familie und noch am selben Tag interessieren sich Fremde für das Anwesen? Wir wären die Gejagten, noch bevor du den stinkende Stall ausgemistet hast." entgegnete der ältere Vampir mit ruhiger Stimme und folgte langsam seinem Begleiter. Dieser schien bei bester Laune zu sein, strahlte im ganzen Gesicht und stand somit im Kontrast zu Ariel, wesen Miene kühl und unbeeindruckt blieb.
Noch bevor sie das Dorf sehen konnten verschwand die Sonne hinter den Bergen und schuf Platz für die Nacht. Im Dunkeln konnte Ariel schärfer sehen, als bei Tageslicht. Schweigend genoß er die Ruhe der Nacht und die kleinen Strenenlichter am Himmel, bis sie ihre neue Heimat erreichten. Das Dorf war groß, eines jener, die anstrebten bald eine Stadt zu werden. Manche der schmalen Straßen waren bereits gepflastert, andere kaum von Trampelpfaden zu unterscheiden. In den meisten Fenstern brannte noch Licht und aus dem kleinen Wirtshaus am Marktplatz drang heitere Stimmung.
Ariel seufzte leise auf. Wie sollten sie um diese Uhrzeit einen Platz für den folgenden Tag finden? Einen, der nicht in diesem stinkenden Wirtshaus verborgen lag.

Müde nickte der Jungdieb auf die Worte hin und schloss die Augen. Normalerweiße würde er alles für ein weiches Bett tun und obwohl Malecs frei stand, wollte er nicht mehr aufstehen. Der Tisch war im Moment gemütlich genug und versprach leise, auch nach dem Aufwachen noch gemütlich zu sein.
"Gute Nacht." murmelte er daher in sich hinein und schlief ein.

***

Ariel ignorierte vorerst die beiden Frauen und verdrehte die Augen, als sein junger Begleiter ihnen in eine Seitengasse folgte. Was auch immer Clyde mit den beiden Weibern vor hatte, Ariel würde wahrscheinlich nicht mitmachen. Durst hatte er keinen mehr und nach ein wenig Verknügung stand ihm der Sinn auch nicht. Sie waren zu jung, stanken nach billigem Bier und ihr Kichern klang wie über Glas wandernde Nägel.
Da er nun etwas Zeit für sich hatte holte er aus seiner Tasche eine kleine verzierte Pfeife heraus und zündete sie an. In dünnen Schleiern zog der Rauch gen Himmel und hinterließ einen beissenden Geruch in der Nacht. Beißbeeren und Feuerdorn waren für Menschen giftig, doch der Vampir mochte den Geschmack der getrockneten Blätter, versetzt mit ein wenig gewöhnlichen Tabak, wie es ihn in jeder Stadt zu kaufen gab. Nach drei Zügen sah er wieder zu der Gasse in der der andere Vampir verschwunden war und lauschte, ob er etwas hören konnte.

Ariel bließ den giftigen Rauch scharf aus, als er panische Frauenschreie aus der Gasse hörte, in der sein junger Begleiter soeben verschwunden war. Im selben Moment hörte er, wie die beiden Frauen auf ihn zu und an ihm vorbei in Richtung der Kirche rannten. Sie machten dabei solch einen Lärm, dass er keinen Sinn darin sah ihnen nach zu sehen. Er konnte sich vorstellen, wie sie ähnlich einer aufgescheuchten Hühnerschar durch das Dorf flatterten.
Kaum waren ihre Schreie verhalt stand Clyde neben ihm und wurde mit einer harten Backpfeife begrüßt. Noch bevor der Jungvampir darauf antworten konnte nahm der Ältere die Pfeife aus dem Mund und knurrte "Bist du wirklich so versessen darauf schon morgen auf dem Scheiterhaufen zu brennen? Wenn du hier wohnen möchtest, dann musst du vorsichtiger vorgehen. Ein Toter reicht für den Tag unserer Ankunft, aber schlimmer als zwei oder drei Tote sind ein Toter und zwei Zeugen. Kontrolliere dich."
Er nahm die Pfeife wieder in den Mund und tat einen tiefen Zug. Dabei sah er weiterhin zu dem Jungen und seufzte schließlich. "Verzeih."

"Wir sollten uns ein Zimmer für die nächsten Tage suchen." antwortete sein Gegenüber und steckte sich wieder die Pfeife in den Mund. "Jetzt direkt zum Haus des Bauern zu gehen wäre sehr auffällig. Lass die geschwätzigen Menschen die Informationen zu uns bringen. In kleinen Orten verbreiten sich Neuigkeiten sehr schnell."
Damit tat er den letzte Zug aus seiner Pfeife und klopfte dann die heiße Glut auf den Boden. Behutsam steckte er die Holzschnitzerei wieder weg und sah zu dem Gasthaus. Ihr kleines Zusammentreffen mit den jungen Frauen schien unbemerkt geblieben zu sein und das Wirtshaus der einzige Ort um nun noch eine Unterkunft zu finden. Zwag mochte er diese vollen, lauten, stinkenden Häuser nicht, da sie weder bei Nacht noch am Tage angenehm zu bewohnen waren, aber eine andere Möglichkeit schien es nicht zu geben. Deshalb deutete Ariel dem Jüngeren stumm ihm zu folgen und betrat das Gasthaus.
Wie von außen bereits erwartet war es völlig überfüllt und stank aus allen Ecken. Die Menschen waren laut und zu betrunken, um ihm Platz zu machen und so musste er sich widerwillig an den dreckigen Handwerkern und verschwitzten Bauern vorbei zwängen, bis hin zur Theke wo der vermeindliche Besitzer stand. Er war ein dicker Mann mit Glatze, Vollbart und faulen Zähnen, die zwei Meilen gegen den Wind stanken.
"Guten Abend. Ich suche für meine Kinder und mich eine Bleibe für die nächsten Tage."
Recht wortkag und mehr grunzend als sprechend verlange der Wirt einen Wucherpreis und drückte Ariel einen Schlüssel in die Hand. Mit einem Wink wieß er an der knarzenden Holztreppe nach oben zu folgen und dort nach dem passenden Schloss zum Schlüssel zu suchen.
"Danke."

"Wenn das Wetter es erlaubt mischen wir uns morgen ein wenig unter die Menschen." sagte Ariel während er seine bisschen Hab und Gut in einer kleinen Truhe verstaute. "Davor müssen wir uns aber absprechen. Woher wir gekommen sind, was wir machen, wer wir sind..."
Der Vampir setzte sich auf die Bettkante und seufzte leise. Das Zimmer war wie erwartet eine Katastrophe: Das Bett war zu kurz für ihn, der Boden knarzte, die Laken stanken nach den letzten fünf Bewohnern des Zimmers und jedes Wort aus der Taverne war zu hören. Das einzig Gute waren die schweren Vorhänge, die am Tag das Sonnenlicht draußen hielten.

Geraume Zeit nachdem der Jungdieb auf der Tischplatte eingeschlafen war schlich sich wieder leben in seinen müden Körper. Laut gähnen rieb er sich die Augen und blickte sich langsam um. Wie es schien war nicht viel passiert. Die beiden Mädchen lagen immer noch herum und Malec war auch nicht weit gewandert. Wenn er sich nicht täuschte, war rein gar nichts verändert. Sein ach so erholsamer Schlaf hatte scheinbar nicht so lange angedauert, wie er erhofft hatte.
"Ich geh kurz raus, mir die Beine vertreten." gab er leise in Richtung der Hexe von sich und tapste leise aus dem Zimmer, da er die beiden Schwestern nicht wecken wollte. Als er an ihnen vorbei war glaubte er kurz eine Bewegung aus zu machen.
Draußen streckte Laik sich und gähnte erneut. Diesmal lauter und sich dabei ausgiebig streckend.
"Ich frag mich, ob mein Hündchen noch irgendwo hier ist..."
Beim Verlassen des Bannkreises pfiff er laut, um so den Wolf an zu locken. Zwar hatte er keine Ahnung, ob es funktionieren würde, es war aber eine weitaus bessere Beschäftigung, als drinnen im Stillen zu sitzen. Auch wenn er Malec leiden konnte, er war doch recht still.

***

"Du wirst dich hier als mein Sohn ausgeben. Das bedeutet, du gehorchst mir auf's Wort. Tu nichts bevor ich es dir nicht erlaubt habe. Chrysantha ist deine Schwester, sie ist acht, vergiss das nicht." begann der alte Vampir mit den Absprechungen. "Unser Nachname lautet Dunfort. Wir kommen vom Norden - eine kleine Siedlung, nicht lange existent und zu unwichtig, um beim Namen genannt zu werden. Und sollte jemand nach deiner Mutter fragen..." Ariel hielt inne und sah zum verdunkelten Fenster. Es erschied ihm unglaublch falsch Calantha als Clydes Mutter aus zu geben. So falsch, dass er glaubte ein kurzes Ziehen in seinem untoten Herzen zu spüren.

Laik bemerkte Levi zuerst nicht, sondern pfiff weiter nach dem Wolf vom Vorabend. Erst als der Hund zu bellen begann drehte er sich zu ihm um und lächelte.
"Na, Großer? Willst du dir auch die Beine ein bisschen vertreten?" begann er direkt los zu plappern. "Ist eigentlich ein schöner Morgen für einen Spatziergang, was denkst du?"
Er sah in den Himmel, der vom Gewitter noch verhangen war. Heute würde das Wetter wohl nicht viel besser werden. Regen und und Wind. Er sollte seinen Spatziergang so schnell wie möglich beginnen. Bei einem weiteren Gewitter unter freiem Himmel zu sein jagte ihm beim bloßen Vorstellen schon eine Gänsehaut über den Rücken. Also deutete er dem Hund ihm zu folgen und entfernte sich dann weiter vom Haus der Hexe. Seine Schritte führten ihn in den Wald hinein.

***

Der ältere Vampir knurrte auf, als sein Begleiter so schamlos antwortete. Für einen kurzen Moment keimte in ihm das Verlangen auf den Burschen aus dem Zimmer zu werfen bevor er schlimmeres mit ihm tat, doch dann rief er sich selbst zur Besinnung und krallte sich lediglich in das alte Laken unter sich.
"Du hast damit ein Problem." antwortete er wieder ruhig. "Sie war deine Mutter. Nenne ihren Tod nicht gleichgültig oder rede leichtfertig über ihn. Rede am besten gar nicht darüber. Die Menschen werden schon verstehen..."
Ariel strich sein dünnes Haar nach hinten und sah zu der Truhe. Oben auf lag ein kleiner Beutel mit getrocknete Beeren, die er Chrysantha gekauft hatte. Sie liebte Beeren, hatte sie schon immer. Wo war sie eigentlich? Er stand auf, nahm die Beeren von der Truhe und ging zur Tür. Er hatte sie noch nicht geöffnet, als er auf dem Gang schon die Stimme seiner Tochter hörte.
"Mein Engel." Er lächelte, als hinter der geöffneten Tür das Mädchen stand. "Wo warst du?"
"Der Wirt hat mir ein Glas Milch geschenkt." strahlte sie und wurde von ihren Vater auf den Arm genommen. Er ging mit ihr wieder in das Zimmer, verschloss die Tür hinter sich und setzte sie auf dem Bett ab.

"Schlaf gut." erwiderte Ariel. 'Gute Nacht' fand er recht unangebracht, bedachte man, dass sie meist am Tage zu schlafen pflegten und in wenigen Stunden die Sonne wieder aufgehen würde. Doch sich heute bereits zu Bette zu legen, noch bevor die Sonne den Himmel erhellte war nicht unzweckmäßig, schließlich wollten sie sich am Tage unter die Menschen begeben.
Er sah kurz zu Clyde und seufzte leise. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee sich nieder zu lassen. Er hatte schließlich schon einmal einen festen Wohnsitz gehabt und es genoßen. Wenn sie sich nur bemühten nicht auf zu fallen, dann könnten sie sich hier wirklich eine Zukunft aufbauen. Zumindest für die nächsten fünf jahre. Länger zu bleiben währe gefählich. Vor allem Chrysanthas junges Aussehen würde sie verraten. Und wer wusste schon... vielleicht tat ihm die Gesellschaft eines anderen Vampirs ja gut.
Ariel schüttelte den Kopf. Woher denn dieser plötzliche Sinneswandel?
"Papa?"
Augenblicklich sah er wieder zu seiner Tochter und lächelte. "Ja, mein Schatz?"
"Wohnen wir jetzt hier?"
"Nur vorrübergehend." Er setzte sich neben sie auf das Bett und reichte ihr den Beutel mit Beeren. "Ein paar Tage. Dann ziehen wir in ein schönes Haus und du bekommst dein eigenes Zimmer."
"Und mein Pferd?" fragte das Mädchen mit großen Augen, woraufhin Ariel leise lachte.
"Ja, auch dein Pferd." nickte der Vampir und sah wieder zu seinem jungen Begleiter. "Und einen großen Bruder."

Der ältere Vampir lag regungslos im anderen Bett, beanspruchte trotz seiner Größe aber nur etwa die Hälfte der Fläche und hielt den Rest frei. Auf seinem Gesicht lag die Ruhe des Schlafs und der Atmen, den er im Wachsein aus Gewohnheit nutze, blieb aus. Würden unter seinen geschlossenen Augenliedern nicht sichtlich sein Blick umher huschen würde man ihn von einem Toten nicht unterscheiden können. Noch bevor Clyde sich beruhigt hatte drehte Ariel sich auf die andere Seite und begann leise vor sich hin zu murmeln. Alles was der Jungvampir heraushörte war "... nicht der Hund..." und "Es zieht."

Zu seinem Glück ging bald die Sonne auf und somit erwachte auch Ariel. Als würde das am Vorhang abprallende Licht Lärm verursachen drehte er sich murrend zur Seite, brummte in sein Kissen, dass er nicht aufstehen wollte und realisierte wenige Sekunden später wo er sich befand und dass er nicht alleine wahr. Gähnend richtete er sich auf, strich das lange Haar nach hinten und streckte sich kurz. Acht mal ließ er seinen Nacken knacksen und drei mal biss er die Zähne zusammen. Dann sah er zu dem anderen Vampir und grüßte mit einem kurzen "Guten Abend." der Gewohnheit wegen. Anschließend verschwand er im Bad, um sich frisch zu machen.
Die Haare gewaschen und dem restlichen Körper mit Katzenwäsche zu Genüge gesäubert, trat Ariel Minuten später wieder aus dem Bad und sah von Clyde zum Fenster. Er konnte nur schwer abschätzen, wie hell es draußen war.
"Hab den Vorhang." befahl er daher im ruhigen Ton.