RPG-Beiträge

Ariel, der die Augen zum Schutz leicht zusammengekniffen hielt, sah aus dem Fenster. Ja, es war hell, aber die Sonnenstrahlen schafften es nicht direkt auf die Erde. Die dicken Wolken hingen zu schwer am Himmel und ließen keinen Funken Blau hindurch schimmern. Selbst in weiter Ferne war der Himmel wolkenbedeckt und so schien es, dass das Wetter wohl den ganzen Tag über so bleiben würde.
"Jetzt machen wir uns fertig und mischen uns unter die Leute." erwiderte er daher dem Jungvampir.
Er drehte sich vom Fenster weg, ging zu der Kiste, in der er sein Hab und Gut bewarte und holte einen neuen Wolfsmantel heraus. Das Fell war für einen Wolf recht kurz, von dunklem Braun und schimmerte im richtigen Licht an manchen Stellen leicht rötlich. Er zog den Mantel über, klopfte drei mal darüber und strich genau acht mal das ordentliche Fell glatt. Dann beugte er sich wieder zu der Kiste hinunter und wühlte einen Moment lang darin bis seine Finger fanden, was sie suchten: Brillen mit getönten Gläsern. Eine setzte er sich auf, die andere reichte er Clyde.
"Setz sie auf, dann schmerzen deine Augen nicht so."

Ein kurzes und sachtes Lächeln huschte über die feinen Gesichtszüge des alten Vampirs, als sein junger Begleiter sich über die Brille freute und voller Begeisterung vor ihm herum posierte. Als er sich dabei ertappte ermahnte er sich wieder zu Strenge und nickte nur ruhig zustimmend.
"Wir mischen uns unter die Bevölkerung. Der Markt eignet sich gut, um mit zu bekommen, dass ein Haus leer steht. Aber wir kaufen es nicht sofort auf. Wir sprechen unser Beileid aus und wenn es sich anbietet lassen wir zufällig in eine Unterhaltung einfließen, dass wir auf der Suche nach einer neuen Heimat sind. Und wenn die Sonne kommt gehen wir zurück ins Zimmer. Sie taucht nicht plötzlich auf. Die Natur ist keine launische Frau, die in einer Sekunde die Wolken vom Himmel nimmt."
Er seufzte leise, als er fertig gesprochen hatte. So viel hatte er schon lange nicht mehr geredet. Meist sprach sein kleiner Engel zu ihm und er lauschte nur. Aber seit der Jungvampir mit ihm reiste war er gezwungen zu reden. In den letzten zwei Tagen hatte er mehr geredet, als in den drei Wochen davor.

"Ja." nickte Ariel kurz bevor er die Tür öffnete, den Jungvampir neben sich hindurch schreiten ließ und sich mit einem letzten Blick von seinem kleinen Engel verabschiedete. Es war sicherer sie am ersten Tag nicht mit zu nehmen. Man wusste nie wie gut das Gespür der Menschen für Monster wie sie war.
"Warte hier, bis wir wieder da sind."

Wie erwartet war der Markt trotz schlechtem Wetter recht voll und überall drangen Menschenstimmen an die Ohren der beiden Vampire. Die meisten gehörten zu Marktschreiern, die ihre Wahre anpriesen oder trugen nur unnütze Worte durch die Luft. Es dauerte fast zwei Stunden - in denen Ariel zur Tarnung Lebensmittel kaufte, die sie nicht benötigten - bis er irgendwo eine widerlich helle Frauenstimme, die in typischer Bauernmanier über den Tod des alten Farmers sprach, ausmachte. Er tippte Clyde auf die Schulter und deutete ihm zu folgen während er sich bereits in Richtung des menschlichen Geschnatters auf machte.
"Mein Beileid."
Die beiden Frauen drehten sich zu ihm um und ihr Geschwätz verstummte augenblicklich.
"Verzeiht, ich hörte zufällig ihre Bemerkung über den verstorbenen Farmer. Es ist immer schrecklich, wenn ein Mitglied der Gemeinde stirbt." sprach er sein falsches Beileid aus.
"Oh, er ist nicht einfach gestorben." erwiderte sofort die ältere der beiden Frauen. Sie hatte langes, graues Haar, das in dünnen Strähnen in ihrer Stirn hing und ihre sonnengeerbte Haut noch dunkler und älter wirken ließ. Ihre Augen waren von tiefen Ringen umschlossen und ihr schiefer Rücken erzählte von den Jahren der harten Arbeit. "Er wurde gerissen."
"Gerissen?"
"Von einer Bestie." sagte die jüngere Frau schnell mit verschüchterter Stimme. Im Gegensatz zu der alten Schachtel, die sicherlich schon vor zehn Jahren ins Grass gebissen hatte, schätzte Ariel sie auf dreißig.
"Wölfe sind in dieser Gegend ungewöhnlich."
"Das war kein Wolf!" rief die Schachtel mit ihrer schrillen Stimme so laut, dass der Vampir den Wunsch in sich aufkeimen spürte sie hier und jetzt von ihrem hohen Alter zu befreien.
"Das war ein Monster. Ein Vampir." fügte die jüngere Frau hinzu.
"Vampir?"
Ariel sah zu seiner Begleitung und seufzte leise und gespielt in dessen Richtung.
"Dies scheint keine gute Gegend zu sein..." er sagte es leise, jedoch laut genug, damit die neugierigen Frauenohren, die ohnehin an seinen Lippen hingen, ihn gut verstanden.
Dann schwieg er für einen Moment und erweckte den Schein stark über etwas nach zu denken. Tatsächlich jedoch gab er Clyde damit nur die Gelegenheit nun in die Unterhaltung ein zu steigen

Die beiden Frauen sahen den Jungen mitfühlend an, woraufhin Ariel die Initiative ergriff und ihm mitfühlend eine HAnd auf die Schulter legte. Diese Geste sorgte dafür, dass die jüngere Frau das Wort ergriff und versuchte die Stimmung der beiden Fremden wieder ins positive zu rücken.
"Ach also das ist das erste Mal, dass so etwas hier passiert ist, die Herren. Es war sicherlich nur eine Ausnahme."
"Wollen wir es hoffen." nickte Ariel und sah wieder zu den Frauen. "Das sind gefährliche Zeiten..."
Es herrschte eine kurze Stille in der niemand etwas zu sagen wagte. Natürlich hielt sie nciht lange an, denn wie Ariel richtig eingeschätzt hatte waren die Frauen neugierig und an ihnen interessiert. Sein schönes Gesicht mochte ein Grund für das Interesse sein.
"Womit verdienen Sie ihr Geld?" fragte die alte Schachtel gerade heraus.
Der Vampir strich sich über den Pelzmantel und lächelte. "Ich bin Jäger und Händler. Sehen Sie diesen Mantel?"

Ariel entging dabei nicht der Unterton in ihrer Stimme, der darauf hinwieß, dass sie nicht glaubte, dass er die Mittel besäße. Dieser Unterton missfiel ihm und der Vampir war versucht ihr sein Vermögen ins Gesicht zu werfen, um sie von dem Gegenteil zu überzeugen. Er hatte kein Lust so viel zu reden, es widerstrebte einfach seiner Natur, aber es war unumgänglich und deshalb depremierend. Er versuchte sich davon jedoch nichts anmerken zu lassen.
"Ich habe kürzlich geerbt. Ein trauriger Umstand, um zu Geld zu kommen. Aber gelegen für einen Neuanfang."
Hoffentlich würde diese Aussage der Frau genügen. Er betete innerlich schon fast dafür. Und tatsächlich schwiegen die Frauen etwas betroffen. Die jüngere scheinbar wirklich aus Mitgefühl, die ältere wohl aus leichter Schahm. Also verabschiedete er sich von ihnen, erklärte noch Einkäufe tätigen zu müssen und nahm Clyde mit sich. Er machte keinen Umweg mehr über den Markt, sondern steuerte direkt die Taverne an. Kurz vor der Taverne hielt er jedoch inne. Er brauchte nun Zeit für sich. Er wollte nichts hören und nichts sehen. Und vor allem wollte er sich nicht unterhalten. Genug geredet!
Er drehte sich zu Clyde um, drückte ihm Geld in die Hand und sagte "Kauf dir davon was und komm erst in drei Stunden wieder.", wobei er den Jungvampir schon wieder leicht von der Taverne weg schob.

Zurück im Zimmer verschloss der Vampir die Tür, zog die Vorhänge zu und entfachte eine kleine Kerze in deren schwachen Lichtkegel er sich ein altes Bild betrachtete, das er aus der Innentasche seines Mantels holte. Es zeigte ihn, seinen kleinen Engel und eine wunderschöne Frau mit blonden Locken und einen liebevollem Lächeln - seine Frau Calantha. Mit den dünnen Fingern strich er über ihr Gesicht und versuchte sich dabei vor zu stellen, wie sie sich angefühlt hatte. Es schmerzte Ariel sie nicht mehr berühren zu können. Blutige Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen und zwangen ihn das Bild beiseite zu legen, um es vor ihnen zu schützen. Er verbarg sein Gesicht in den Händen, weinte ton- und regungslos.

***

Laik wusste nicht wieso, aber je weiter er sich dem Hexenhaus entfernte desto unwohler wurde ihm bei dem Gedanken dorthin zurück zu kehren. Er mochte Malec, aber mit jedem Schritt den er ging, bekam er das Gefühl aus einem tiefen Loch heraus zu klettern. Aus einem Loch gefüllt mit Schlangen und Käfern. Nach einigen Minuten wurde aus dem gemütlichen Gang ein schneller Schritt und dann ein Rennen. Er achtete bei der Flucht nicht auf seinen Weg oder seine Umgebung. Er vergaß, dass all sein Besitz noch bei den Hexen lag, dass der Wolf dort vielleicht noch irgendwo auf ihn wartete. Er wollte nur weg von diesem Ort. So weit weg, wie nur irgend möglich.
Nach vier Stunden, die er keine Rast gemacht hatte, kam der Jungdieb endlich zum stehen. Seine Lunge brannte und die dunklen Wolken hatten ihr Versprechen gehalten und nährten die Pflanzen mit kaltem Regen.
"Wo bin ich?"
Laik sah sich unsicher um. Er stand auf einem Feld. Soweit er sehen konnte entdeckte er nur felder, Wiesen und Wälder. Nichts ließ Zivilisation vermuten. Er war an einem Ort, an dem er zuvor noch nie gewesen war. Durch den dunklen Himmel konnte er sich nicht an der Sonne orientieren oder einschätzen wie lange und wie weit er sich entfernt hatte.
Langsam ging er weiter, als seine Lungen sich nicht mehr anfühlen, als würden sie in Flammen stehen. Ziellos lief er einfach weiter gerade aus und hoffte, dass er bald eine Scheune oder Höhle finden würde, um dort den heftigen Regen aus zu harren.

Der alte Vampir sah wütend auf, als sich die Tür ohne Vorwarnung öffnete und Clyde ihn freudenstrahlend ansah. Die blutigen Bahnen auf seinen dünnen Wangen waren nicht einmal getrocknet. Nicht einmal eine Stunde hatte der Junge ihm gelassen. Sogar Chrysantha hatte ihn alleine gelassen und würde erst später wieder kommen. Wenn ein kleines Mädchen verstand was es bedeutete ihn alleine zu lassen, warum dann nicht Clyde? Sein glückliches Gesicht ließ darauf schließen, dass es keine Notwenigkeit für sein Erscheinen gab. Und das machte ihn wütend.
Ariel stand von Bett auf, packte den Jungen am Kragen und stieß ihn ohne ein Wort der Erklärung aus dem Zimmer. Er folgte ihm auf den Gang, schloss die Tür hinter sich und drängte Clyde grob weiter in Richtung der Treppe. An dieser angelangt knurrte er "Ich sagte DREI STUNDEN!" und gab ihm einen letzten harten Stoß, in der Hoffnung er würde die Treppe hinunter fallen und sich etwas brechen.

***

Seine erste Einschätzung schien leider richtig zu sein. Egal wohin Laik blickte, er fand nichts von Menschenhand erschaffenes. Also kletterte er auf einen Baum hinauf. Durch den Regen war die Rinde nass und die Zweige gaben nur wenig Halt. Sein verstauchtes Handgelenk zog jedes mal schmerzhaft, wenn er sich hoch zog. Einige Male rutschte der Dieb ab und drohte hinunter zu stürzen. Eigentlich war er gut im Klettern. Sehr gut sogar. Aber Kraftlosigkeit, Regen und die Verletzung erschwerten sein Vorhaben doch erheblich. Als er endlich in der Baumkrone angekommen war sah er sich in alle Himmelrichtungen um. Seine Augen fanden in einiger Entfernung Lichter; wahrscheinlich von einem kleinen Dorf. Er schätze die Entfernung auf einen Fußmarsch von einer Stunde ein und kletterte wieder hinunter.
Obwohl er sich unterstellen und trocknen wollte lief er weiter. Je schneller er in der Ortschaft ankam, desto besser. Er wusste nciht wie lange der dichte Regen noch anhalten würde. Es konnte sich nur noch um Minuten aber auch um Stunden handeln.
"So ein Mist..." murmelte er leise zu sich selbst und wanderte über den matschigen Waldboden. "Warum bin ich weggerannt? Ist ja nicht so, dass Malec mir etwas getan hat. Hmm!"

Vom Jungvampir abgewand ging Ariel wieder zurück in das Zimmer und schmiss die Tür hinter sich so fest zu, dass das alte Holz drohte aus der Verankerung zu fallen. Ausgezeichnet! Nun hing er nicht nur der Vergangenheit nach, sondern war zudem wütend und aufgebracht. Clyde sollte aus den drei Stunden lieber fünf machen und ihm so schnell nicht wieder unter die Augen treten. Er kochte innerlich, ihm war schon fast nach schreien zu mute. Aber das war nicht seine Art, weshalb er unruhig im Zimmer auf und ab ging und sich einzelne Haarsträhnen, die ihm nun im Gesicht hingen, wieder nach hinten strich. Dabei bemerkte er das kalte Blut auf seinen Wangen und seufzte leise.
Er ging in das kleine anliegende Badezimmer und ließ die Wanne mit kaltem Wasser volllaufen. Währenddessen entledigte er sich seiner Kleidung und legte sie fein säuberlich zusammengefaltet auf einen kleinen Hocker nahe der Wanne. Als die Holzwanne voll war legte er sich hinein, schloss die Augen und hiong seinen Gedanken nach. Er hatte zu aggressiv auf Clyde reagiert. Vielleicht sollte er sich später bei ihm entschuldigen. Er war jung, dumm und unerfahren. Er war in gewisser Weise noch ein Kind das Führung benötigte.

***

Nach wenigen Minuten in Richtung der Ortschaft hörte der Regen auf. Die dicken Wolken hatten diesen Teil des Waldes noch nicht erreicht, denn je weiter Laik lief desto trockener wurde seine Umgebung. Zwar war der Himmel noch immer verhangen und dunkel, aber die Wolken noch nicht gebrochen.
Freudig legte er einen Zahn zu. Er hoffte in dem Ort eine Scheune oder etwas ähnliches für die Nacht zu finden. Vielleicht auch ein paar neue Kleidungsstücke. Seine jetzigen waren nass, kalt und kaput und sein Schuhwerk so durchgelaufen, dass es beinahe an ein Wunder grenzte, dass die Sohlen noch hielten. Aber wem machte er etwas vor? Wahrscheinlich würde er nichts brauchbares finden und dennoch freute er sich auf das Dorf. Wenn er richtig einschätze, hatte der Jungdieb sich zuvor noch nicht hier aufgehalten. Ihn erwarteten also neue Gesichter.
Plötzlich hörte er hinter sich ein dunkles Grollen und zuckte ängstlich zusammen. Er musste sich nicht umdrehen und nachsehen um zu wissen, dass der schwere Regen, den er hinter sich gelassen hatte, nun zu einem Gewitter heran gewachsen war.
"Oh, wie ich den Herbst hasse."
Das Dorf schien nicht mehr weit zu sein, denn am Rande des Waldes sah Laik bereits weidende Tiere. Er atmete noch einmal tief durch und rannte los, um vor dem Gewitter das Dorf zu erreichen. Die Angst vor dem Gewitter war unbegründet, da es in die andere Richtung zog, aber sie spornte ihn an sich zu beeilen.
Plötzlich fand er eine kleine Holzhütte. Sie schien leer zu stehen, denn ihre Fensterscheiben hatten Risse, die Tür stand leicht offen und im Inneren erwartete ihn eine große Staubschicht auf allem. Mit großen Schritten bahnte er sich seinen Weg durch die Hütte und achtete dabei darauf so wenig Staub wie möglich auf zu wirbeln um keine Spuren zu hinterlassen. Er brauchte eine Weile bis er das erste Zimmer voller Regalen und Büchern durchquert hatte. Ein bisschen erinnerte es ihn an Malec. Natürlich war dessen Hütte sauber und nicht verstaubt, aber die Bücher ließen ihn an die Hexe denken und aus irgendeinem grund lie ihm ein kalter Schauer über den Rücken, als Malecs Gesicht vor seinem inneren Auge aufflimmte.
In einem kleinen Raum, dessen Fenster noch ganz war, atmete Laik durch. Einst schien er als Schlafzimmer gedient zu haben, denn ein einfaches Bett stand darin. Freudig ließ er sich auf das Bett fallen und hustete anschließend als Reaktion auf den Staub, den er aufgewirbelt hatte.
"Sieht aus, als müsste ich lüften." erklärte er sich selbst und öffnete das Fenster. Dann begann er die decken und Kissen aus zu klopfen, sowie die Matratze. Als alles annehmbar war schloss er das fenster wieder und ließ sich auf das Bett fallen. Stiefel, Hemd und Hose hatte er über alte Möbel zum trocknen gehängt und kuschelte sich nun unter der kratzigen decke ein. Die Müdigkeit überkam ihn und nach wenigen Sekunden fand ihn der Schlaf.

Nach gefühlten zwanzig Minuten und tatsächlichen zwei Stunden stieg der Vampir wieder aus der Wanne. Er ließ das Wasser ablaufen und trocknete sich selbst langsam und peinlichst genau ab. Dann kleidete er sich in frische Kleidung ein und verließ das kleine, schäbige Zimmer - das Bild von Frau und Kind wieder an sich tragend. Er ignorierte die Menschen, die ihm entgegen kamen und grüßten, ging an ihnen vorbei als wären sie Schatten und versuchte ihren Geruch aus zu blenden, um Clydes in dem Gewirr heraus zu finden.
Er hatte nachgedacht und ja, er war zu hart gewesen. Er würde sich zwar nicht entschuldigen, aber den Jungen suchen und zurück holen, um ihm zu zeigen, dass die Sache vergessen war.

Ariels Suche verlief bescheiden. Dank des dörflichen Gestankes konnte er Clyde nicht wirklich heraus riechen, sondern bekam nur Kopfschmerzen, wenn er sich zu sehr auf seine Nase konzentrierte. Nach wenigen Minuten gab er die Suche deshalb auf und setzte sich in die Taverne. Dann trank er eben etwas, bis der Jungvampir zurück war.
"Bekomm ich ein Glas Milch?" fragte sein Engel und zauberte ihm damit ein Lächeln ins Gesicht.
"Natürlich. Alles was du willst."
Er wank den Wirt zu sich und bestellte ein Maß Bier und ein Glas Milch.

Leise Schritte über den alten, knarzenden Holzboden ließen den Jungdieb aufwachen. Er war lange genug auf der Flucht, um eben solche Geräusche wahr zu nehmen, wie manch anderer einen laut klingelnden Wecker. Dennoch riss er die Augen nicht sofort auf. Er ärgerte sich darüber nicht ausschlafen zu können - sein Gefühl sagte ihm, dann er vielleicht eine halbe Stunde geschlafen hatte - und blinzelte vorsichtigVor ihm stand ein junger Mann, vielleicht ein bisschen jünger noch, als er selbst. Er betrachtete ihn auf eine unangenehme Art und Weise. So als sei der Fremde ein hungriger Wolf und er ein verlorenes Lamm. Klater Schauer lief ihm über den Rücken, aber er schaffte es nicht sich zu bewegen oder den Blick ab zu wenden.
Als der Schwarzhaarige ihm gegenüber plötzlich im überraschten Ton "Hallo." sagte zuckte er leicht nach hinten und schlug sich leicht den Kopf an.
Der erste, bedrohliche Eindruck schwand und Laik hatte das Gefühl dem Mann seinen Schlafplatz genommen zu haben. Daher stand er auf - sprang geradezu aus dem Bett, schnappte seine Sachen und machte einen großen Schritt zur Tür. Dabei sagte er in einer Dauerschleife "Tut mir leid, ich dachte die Hütte steht leer. Bin schon weg."

In dem Augenblick, in dem Laik grob und mit einer Kraft, die er seinem Gegenüber nicht zugetraut hatte, gegen die Wand gedrück wurde begann er leicht panisch zu reden: "Mein Name ist Laik. Es tut mir unglaublich leid, dass ich hier war. Ich dachte die Hütte steht leer und gehört niemanden. Ich bin nur auf der Durchreise. Das ist eine schöne Hütte. Ich will gar nicht sagen, dass sie herruntergekommen oder verlassen aussieht. Es gibt bestimmt viele, die so eine schöne Staubschicht zu schätzen wissen.Ich bin nur -" Er hatte ohnehin schon ein loses Mundwerk, aber wenn ihn die Angst überkam war schweigen ein Fremdwort für ihn. "- ein Banause in solchen Dingen."
Als Clydes zweite Zahnreihe zum Vorschein kam verstummte Laik sofort und sah ihn mit großen Augen an. Er brauchte einen Moment, bis die Information bis zu ihm durchdrung und einen weiteren um zu verstehen, was das bedeutete.
"D-Du bist ein... Vampir?" fragte er überrascht. Die Angst war gänzlich aus seiner Stimme gewichen und von überraschter Begeisterrung ersetzt worden.